Dienstag, 21. Dezember 2010

Neuer "Plumkacz" und jede Menge Feiern

Mittlerweile sind die Temperaturen hier so weit gesunken, dass nicht nur manche Hunde Schuhe, Jacke und Mütze tragen, sondern ich auch schon Leute auf den Strassen mit Skibrillen sowie weiteren Skiklamotten gesehen habe, um sich vor der Kälte zu schützen. Wahrscheinlich wird deswegen auch in Fahrenheit und nicht in Celsius gemessen, um die Wettersituation im Winter zu beschönigen. Für meine  habe ich mir jetzt auch die flauschigen Schützer besorgt, die wie Kopfhörer ausschauen. Wahrscheinlich einer meiner besten Einkäufe in letzter Zeit.

Schon den ganzen Dezember tingeln wir von Weihnachtsfeier zu Weihnachtsfeier. Beispielsweise waren wir bei der Feier der polnischen Botschaft und irgendeiner Anwaltskammer. Bei einigen weiss ich manchmal auch gar nicht, wer uns eingeladen hat und wer die anderen Gäste sind. Macht aber auch nichts, denn das Essen dort ist meistens gut und die Bar ergiebig. Das gleiche gilt für eine polnische Taufe, mit der Joanna mich mitnahm.  Mit einem älteren Herrn bei uns am Tisch habe ich zusammen eine Flasche Wodka getrunken. Ausser "Nazdrovje" haben wir kein Wort gesprochen, da er nur polnisch konnte. Für den übermässigen Alkoholkonsum musste ich, oder besser gesagt Joanna bei der Rückfahrt büssen. Die frische Luft tat mir nicht gut und in der S-Bahn wollte ich an jeder der geschätzten Stationen aussteigen. Ein ähnliches Spiel dann im Taxi. Zum Glück  wusste Joanna das zu verhindern, so dass wir schlussendlich doch noch heil ans Ziel gekommen sind.

Letztes Wochenende waren wir bei der Absolventenfeier einer Freundin von uns. Nachdem ich es schon ein paar mal in Filmen verfolgen konnte, war die Live-Veranstaltung noch um einiges spannender. Bis heute verstehe ich noch nicht, wer Hüte mit integrierter Mini-Tischplatte für Absolventen und Lehrkräfte eingeführt hat. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass diese Person sich damit nur einen Spass erlaubt hat. Zu Beginn der Veranstaltung fiel es mir schwer, mich auf die Vortragenden zu konzentrieren, denn wir sassen in der Ecke für die Gehörlosen. Zumindest sassen vor der Bühne Übersetzer, die die Taubstummensprache mit sehr viel Herzbut und hingabevoller Gestik und Mimik von sich gaben. Zwangsläufig war meine volle Konzentration den beiden Übersetzern gewidmet und ich überlegte mir dann auch, diese Sprache selber zu erlernen. Am Ende der Veranstaltung wurde ich etwas unsanft von der Polizei aus dem Saal geschoben, da ich noch Fotos von unserer Freundin an ihrer Abschlussfeier machen wollte, während der Saal für die nächste Veranstaltung geräumt wurde.

Letzte Woche war ich auch das erste mal vor Gericht. Ein spannender Fall, in dem ein junger Pole wegen Beschmutzung jüdischer Gräber angeklagt wurde. Er hat angeblich Hetzschriften an die Grabsteine gesprüht und dafür 7 Jahre bekommen, Beweise gab's aber keine. Da es sich nur um eine Anhörung handelte, fand sie zusammen mit mehreren anderen Anhörungen statt. Dementsprechend ging es dort zu wie in einem Bienenschwarm. Auf den Zuhörerrängen fühlte ich mich auch etwas eingeschüchtert: recht niedrige Decken, dicke Luft im wahrsten Sinne des Wortes und Holzbänke, die jeder Kirche Konkurrenz machen können. Manchmal hat man Schwierigkeiten, zwischen Angeklagten und ihren Vertretern und Anklägern zu unterscheiden: jede Menge Freaks! Und aus unersichtlichem Grund fühlt man sich selber irgendwie schuldig und überlegt, was man so alles in seinem Leben falsch gemacht hat. Zum Glück haben die nicht von meiner kleinen Übertretung bei der Absolventenfeier gehört, sonst hätte ich vielleicht auch noch vor den Richter treten dürfen ;)

Wir haben uns einen neuen "Plumkacz" (Luftbefeuchter) für daheim angeschafft. Da der alte "Plumkacz" in Froschform ja unserer Mitbewohnerin gehört, wurde es auch Zeit dafür. Der neue sieht nun aus wie ein Ufo. Wir hoffen nur, dass er nachts nicht über unseren Köpfen kreist. Nachts ist er auch beleuchtet wie ein fremdes Flugobekt, so dass ich manchmal nachts aufwache und darauf warte, dass mich die Aliens zusammen mit Joanna auf ihren Planeten mitnehmen.  Das blieb uns zum Glück bisher erspart. Ebenso dampft er wie ein Wasserkocher die ganze Nacht durch. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das das normale Verhalten eines Luftbefeuchters ist. Aber lieber das als morgens auf einem fremden Planeten aufzuwachen ;)

Kürzlich hatte ich das Vergnügen Joanna zu ihrem Doktor zu begleiten. Vergnügen auch deshalb, weil der seine Praxis in dem Gebäude hat, in dem auch das Herrenmagazin Playboy seinen Hauptsitz hat ;) Joanna konnte nach dem Besuch gar nicht verstehen, weshalb ich freiwillig anbot, sie bei allen weiteren Doktorbesuchen wieder zu begleiten ;)

Busfahren in Chicago ist nicht gerade so, wie ich es aus Zürich gewohnt bin. Man zieht hier an einer Schnur, wenn man an der kommenden Haltestelle raus möchte. Bekommt das der Fahrer rechtzeitig mit, legt er zumeist eine punktgenaue Vollbremsung hin. Das ist gar nicht so einfach für ihn, da er dabei zumeist um einige Schlaglöcher herummanövrieren muss. Normalerweise fahren die Busse eine ziemlich lange Strasse den ganzen Tag rauf und runter. Als dann doch mal einer abgebogen ist, war ich etwas überrascht und hatte schon Angst, dass wir entführt wurden. Das war dann zum Glück nicht der Fall, sondern einfach nur eine andere Route. Die Busse kommen auch nicht unbedingt in regelmässigen Abständen. Eher kommen zwei gemeinsam und dann eine halbe Stunde keiner mehr, was besonders bei Minustemperaturen ärgerlich ist und man gerade das letzte Paar vepasst hat.

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